Senioren-Treff Stille Straße 10 -Für immer besetzt
Die Bilder gingen um die Welt: Senioren, die 112 Tage lang eine Villa in Pankow besetzten. Mit ihrem außergewöhnlichen Protest wollten sie verhindern, dass ihr Freizeittreff geschlossen wird. Bald zehn Jahre ist das nun her. »Widerstand lohnt sich, wir sind immer noch da«, sagt Eveline Lämmer vom Vorstand des Fördervereins Stille Straße 10.
Doch das Problem sei nicht gelöst. »Politik und Verwaltung können sich nicht damit anfreunden, die wollen uns hier raushaben«, ist Lämmer überzeugt. Der Bezirk biete dem Verein immer nur Nutzungsverträge für jeweils ein Jahr an. »Jedes Jahr, wenn es Dezember wird, hoffen die Vereinsmitglieder auf eine Fortführung im nächsten Jahr«, sagt Eveline Lämmer. Der Zustand sei unhaltbar. »So können wir leider nicht langfristig planen. Wir hätten gern einmal fünf Jahre«, ergänzt der ehemalige Besetzer Peter Klotsche.
Sozialstadträtin Cordelia Koch (Grüne) sagt, sie wünsche sich für die betroffenen Menschen endlich eine langfristige Perspektive. Anfang 2022 wolle sie ein Gespräch mit der zuständigen Abteilung im Rathaus führen. »Mein Ziel besteht darin, einen dreijährigen Vertrag auszuhandeln«, verspricht Koch. Langfristig sei das bezirkseigene Grundstück gemeinsam mit dem Nachbargrundstück aber für eine Kitanutzung vorgesehen.
Nach 14 Jahren hatten Bezirksamt und Bezirksverordnetenversammlung damals das Aus für die Seniorenfreizeitstätte beschlossen – wegen Sparzwängen. Die Sanierungskosten wurden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt, die der verschuldete Bezirk nicht habe.
Doch die Senioren nahmen das nicht hin und besetzten die Villa, in der einst Stasi-Chef Erich Mielke wohnte, kurzerhand. »Die Solidarität war immens. Die Berliner haben uns versorgt«, erinnern sich die Klotsches: »Kleingärtner haben uns kistenweise Obst gebracht, ein Fischhändler versorgte uns ebenfalls, man hat Brot für uns gebacken und Kaffee mussten wir auch lange nicht kaufen«
Das Haus, in dem heute verschiedene Generationen im Chor singen, Schach spielen, Englisch lernen, Feste feiern oder auch einfach nur zum Reden zusammenkommen, wird von der Volkssolidarität unterstützt. Sie zahle die Fixkosten. »Alle Veranstaltungen finanzieren wir mit dem Förderverein selbst«, berichtet Lämmer. Der Treff sei täglich geöffnet – dank ausschließlich ehrenamtlicher Arbeit.
Die Volkssolidarität habe sich für die Reparaturen und die Instandhaltung des Gebäudes eingesetzt.
Um den Senioren eine langfristige Perspektive zu bieten, war ursprünglich geplant, in einen Neubau der landeseigenen Gesobau in die Tschaikowskistraße zu ziehen. Geplant war ein Mix aus betreutem Wohnen und Begegnungsstätte. Doch laut Stadträtin Koch ist die Planung für das Gebäude aus finanziellen Gründen nicht umsetzbar.
Wie wichtig die Arbeit sei, habe auch die Corona-Pandemie deutlich gemacht. Für viele Senioren sei die Freizeitstätte der einzige Punkt, an dem soziale Kontakte möglich seien, so Lämmer. Im kommenden Sommer wollen die Senioren das zehnjährige Jubiläum der Hausbesetzung feiern.
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Zum Fünften Jahrestag der Besetzung Stille Straße 10 Berlin Pankow waren neben der damaligen Senatorin für Stadtentwicklun,g Katrin Lompscher auch der Filmemacher Matthias Coers , die Senior*innen vom Hansa Ufer 5 , Vertreter*innen aller städtischen Wohnungsbaugesellschaften und viele Gäste vor Ort. Wir solidarisieren uns weiterhin mit den Seniorinnen und wünschen uns dass das Gelände, welches für die Kita gedacht ist auch weiterhin für die Betagten zur Verfügung steht – generationsübergreifend könnte das nachhaltiger sein.