Keine Anklage nach Besetzung Habersaathstraße in Berlin
Foto: nd/Ulli Winkler
Mit großem Applaus empfangen etwa 40 Menschen, die sich am Montagmittag vor dem Berliner Amtsgericht versammelt haben, Julian W., der seinen vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Gerade hat er erfahren, dass die Anklage wegen schweren Hausfriedensbruchs gegen eine Auflage von 360 Sozialstunden eingestellt wurde.
Julian W. war vorgeworfen worden, am 29. Oktober 2020 an der Besetzung eines Gebäudes in der Habersaathstraße 46 in Mitte beteiligt gewesen zu sein. W. hat das nie bestritten. Für das Gericht hat er eine Erklärung vorbereitet, die er eigentlich im Prozesssaal vorlesen wollte. Er bringt sie nun den Unterstützer*innen vor dem Gebäude zu Gehör.
»Der Winter kündigte sich an, und in Pandemiezeiten war der Appell erneut: Bleibt zu Hause. Das ist aber ohne Wohnung schwer zu erfüllen«, schildert der Aktivist die Hintergründe der Besetzung, die ihm die Anklage eingebracht hatte. Geräumt wurde nach wenigen Stunden. Mehrere der Menschen, die sich gerade in dem Haus eingerichtet hatten, müssen bis heute auf der Straße leben.
Valentina Hauser von der Stadtteilinitiative »Leerstand habe ich saath« erklärt im Gespräch mit »nd«, es sei ein konkreter Erfolg, dass die Anklage wegen schweren Hausfriedensbruchs vom Tisch ist. Es sei zugleich ein Skandal, dass die Gebäude in der Habersaathstraße weiter leer stehen. »Leidtragende sind die Wohnungslosen, die erneut in einem Corona-Winter auf der Straße leben müssen.«
Dem stimmt Daniel Diekmann, einer der verbliebenen Mieter in der Habersaathstraße zu. »Ich bin hier, weil ich dem Angeklagten den Rücken stärken will«, sagt er zu »nd«. Die verbliebenen Mieter*innen fordern wie er, dass die Häuser wieder bewohnt werden. Sie haben kein Verständnis dafür, dass sich der Eigentümer mit juristischen Mitteln dagegen wehrt, dass das zuständige Bezirksamt das Gebäude als schützenswerten Wohnraum sieht und erhalten will.
Der Gebäudekomplex in der Habersaathstraße ist zum Symbol für Leerstand von Wohnraum aus Profitgründen geworden. Doch es ist kein Einzelfall, betont ein Aktivist der Initiative Mietenwahnsinn Nord.
An diesem Freitag, dem 10. Dezember, organisiert die Initiative darüber hinaus ab 13 Uhr eine Kundgebung vor einem leer stehenden Haus in der Schulstraße, Ecke Maxstraße im Wedding.
zitiert aus … Quelle … Neues Deutschland
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