Nach Vermieterwechsel sollen etwa 350 Rom:nja in Berlin Obdachlos werden
Seit 2015 wohnen etwa 350 Rom:nja in einem Plattenbau in Berlin-Friedrichshain. Nach einem Vermieterwechsel droht dem Haus nun das Aus: Die neue Vermieterin versucht mit teilweise zwielichtigen Methoden, die Rom:nja loszuwerden. Und die Bewohner:innen, die täglich mit antiziganistischen Vorurteilen konfrontiert sind, haben kaum eine Chance, ein neues Zuhause zu finden.
David steht vor seinem Dorf – einem fünfstöckigen Betonbau im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Auf den Balkonen hängen Wäscheleinen. Die Fassade sieht immer noch so aus wie zu DDR-Zeiten: trüb, rau, grau. Hier wohnt David zusammen mit etwa 350 anderen Rom:nja in rund 40 Wohnungen. Der älteste Bewohner ist um die 80 Jahre alt, die jüngste Bewohnerin ist erst wenige Wochen alt. Alle kommen aus demselben Ort in Rumänien, Fântânele, ein kleines Dorf in der Nähe von Bukarest. Seit 2015 ist der Wohnblock in der Straße der Pariser Kommune ihr Zuhause – eine kleine Gemeinde mitten in der Großstadt. Das sei wichtig, betont David. „Die meisten Roma-Communitys versuchen, sich im gleichen Kiez niederzulassen“, erklärt der 22-Jährige. „Dahinter steht Solidarität: Denn wenn du täglich mit so vielen Diskriminierungserfahrungen konfrontiert bist, geht das nicht anders. Du brauchst dein Netzwerk für die Unterstützung“.
Doch schon vor der Pandemie stand das Haus in der Presse: Im Juni 2018 schoss ein Anwohner aus Belarus auf ein siebenjähriges Roma-Mädchen, das im Haus wohnt, weil die spielenden Kinder zu laut gewesen seien (siehe Die Welt). Er traf sie am Arm, sie wurde leicht verletzt. Daraufhin stürmte eine SEK-Einheit mit Blendgranaten die Wohnung. Medienberichte zeigten sich empathisch auf der Seite des Schützen. Es war nicht der erste Vorfall dieser Art: Bereits 2015 schoss ein polnischer Anwohner aus seiner Wohnung heraus auf einen neunjährigen Roma-Jungen, der vor dem Haus spielte (siehe Tagesspiegel). Er musste im Krankenhaus notoperiert werden. Der 49-jährige Schütze hatte mehr als drei Promille Alkohol im Blut.
Dass die Familien im Haus zu laut seien, kann David nicht verstehen: „Wir sind Finsler, das ist eine sehr christliche Gemeinde. Bei uns wird nicht getanzt oder gefeiert, wir sind nicht laut und möchten keinen Stress mit anderen Menschen“, betont er. „Es ist ganz ruhig bei uns.“ Um den negativen Schlagzeilen entgegenzuwirken, entstand 2018 ein Film über das Haus, organisiert vom Projekt „Gangway“, das sich für die Community einsetzt. „Bei uns ist das so! – Roma in Berlin Friedrichshain“, heißt die Dokumentation, die von den Sorgen, Wünschen und Alltag der Bewohner:innen erzählt.
Die Wohnbedingungen verschlechtern sich allerdings zunehmend, das Gebäude ist in einem verwahrlosten Zustand: Bewohner:innen kritisieren gefährliche Wasserrohre und Stromleitungen, die direkt nebeneinander gelegt sind. Auch Wasserschäden an den Decken, kaputte Heizungen im Winter und eine unzureichende Müllentsorgung gehören zu den Mängeln. Im Sommer dieses Jahres wurde der Keller mit Fäkalienwasser überschwemmt, nachdem ein Abwasserrohr geborsten war. Zwei Wochen vergingen, bevor das Problem behoben wurde – ein erhebliches Gesundheitsrisiko für das Haus. „Wäre das in einem anderen Bezirk passiert, wo nur Deutsche leben, hätte das Bezirksamt in zwei Tagen alles geregelt“, moniert David. Im Juli 2021 erklärte das Bezirksamt sogar eine Wohnung für unbewohnbar, die Familie musste in eine andere Wohnung im Haus umziehen.
Nun droht dem Dorf allerdings vollständig das Aus – wegen eines Vermieterwechsels. Die neue Vermieterin soll nach der Scheidung von ihrem Ehemann Eigentümerin des Gebäudes geworden sein. Das Haus gehört seit Oktober 2019 der neugegründeten „Str. der Pariser Kommune 20A-E UG“, deren Geschäftsführerin Natalia I. ist (Name der Redaktion bekannt, ehemals Natalia P.). Natalia I. ist zudem seit 2013 Geschäftsführerin von „Berlin Invest Partner AN GmbH“, seit 2019 auch von „i.c.s. PaKo GmbH“ und „PK20 Investment GmbH“. Alle Unternehmen sind an der gleichen Adresse in Berlin-Friedrichsfelde angemeldet. „Berlin Invest Partner AN GmbH“ spezialisiert sich laut angegebenen Unternehmenszweck u.a. auf die Bereiche Bauwesen, Immobilienentwicklung und Hausverwaltung. Von 2010 bis 2018 war Natalia I. Geschäftsführerin der „Immobilienpartner EU Natil Gesellschaft für Wohn- und Gewerberaum mbH“, die vor drei Jahren in sieben Liegenschaften aufgeteilt wurde. Dem Wirtschaftsportal „CompanyHouse“ zufolge kommt sie aus Moskau. Laut ihrem privaten Facebook-Profil wohnt Natalia I. inzwischen in Berlin, auch Fotos auf ihrem Instagram zeigen sie in der Haupststadt.
Seit Natalia I. Vermieterin des Hauses ist, häufen sich die Mängel. 2020 entschloss sie sich, das Haus abzureißen und dort einen hochmodernen Wohn- und Arbeitskomplex zu errichten. Dafür muss sie die Bewohner:innen, die allesamt unbefristete Mietverträge haben, loswerden. …
zitiert aus Reportage … Quelle …Belltower.News
Wir solidarisieren uns mit der Rom:nja-Community und unterstützen dabei, dass auch sie weiterhin ein gemeinsames Zuhause in Friedrichshain finden und damit ihr Zuhause nicht verlieren müssen für den Profit von Einzelnen. Am 7. Dezember findet eine Veranstaltung statt, u.a. mit Florian Schmidt, bei der ein großes Publikum gebraucht wird, das im Gespräch mit ihm gut Druck machen kann. Vor allem geht es darum, dass die Familien nicht auseinandergerissen werden und Ersatzwohnungen in Friedrichshain gefunden werden. Hier die Infos zur Veranstaltung:
Es wäre total toll, wenn ihr Zeit hättet daran teilzunehmen. Wir freuen uns auch, wenn ihr die Veranstaltung über eure Kanäle teilen könntet.Vielleicht könnt ihr auch die Fotos der ersten Kundgebung teilen/liken etc.