Kurz vor Weihnachten droht 71-Jähriger Räumung

Die Zeit, in der Zwangsräumungen wegen Corona ausgesetzt wurden, war kurz und ist schon seit Juli 2020 vorbei. Seitdem werden Menschen trotz des wilden Infektionsgeschehens wie eh und je aus ihren Wohnungen gedrängt und im Zweifelsfall in den Mehrbettzimmern der Wohnungslosenunterkünfte untergebracht. Ein besonders dramatischer Fall spielt sich aktuell in Reinickendorf ab: Eine 71-jährige Mieterin soll am 10. Dezember aus ihrer Wohnung in Reinickendorf vertrieben werden, obwohl sie chronisch krank ist und zu einer Risikogruppe gehört. Der Kündigungsgrund: Eigenbedarf.

»Dass eine 71-Jährige im Winter in einer Hochphase der Pandemie auf die Straße gesetzt wird, zeigt, wie unmenschlich das System der Zwangsräumungen ist. Es wird vor nichts haltgemacht, auch nicht vor einem enormen Gesundheitsrisiko für die Mieterin«, so Johannes Fischer vom Bündnis Zwangsräumung verhindern. Seit fast zehn Jahren wohne die Mieterin schon in der Wohnung in der Reginhardstraße, sagt er. Das Bündnis versucht, die Betroffene zu unterstützen und die Hausverwaltung durch öffentlichen Druck von der Zwangsräumung abzubringen – bisher ohne Erfolg.

Die Verwaltung, die wie die Mieterin nicht namentlich genannt werden will, bestätigt auf nd-Anfrage, dass der Mieterin 2018 wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Es sei richtig, dass die Frau trotz chronischer Erkrankung und Zugehörigkeit zur Corona-Risikogruppe am 10. Dezember die Wohnung verlassen soll. Man wolle sich nicht dazu äußern, warum man das für notwendig halte, und man sehe keine Möglichkeit, die Zwangsräumung noch zu verhindern, sagt die Hausverwaltung zu »nd«.

Das Bezirksamt Reinickendorf weist noch auf die Möglichkeit der Mieterin hin, »sich mittels einer Vollstreckungsabwehrklage dagegen zu wehren«, sagt Michael Hielscher zu »nd«. Außerdem gebe es die Möglichkeit, im Vorfeld einer Gerichtsentscheidung eine medizinisch bedingte Umzugsunfähigkeit vom Sozialpsychiatrischen Dienst oder der Beratungsstelle für behinderte Menschen im Bezirksamt prüfen zu lassen, so der Sprecher des Bezirksamtes Reinickendorf. »Die betroffene Mieterin sollte umgehend telefonisch Kontakt mit dem Sozialdienst für Alleinstehende der Fachstelle Wohnungslosenhilfe und Wohnraumsicherung aufnehmen.«

In Berlin wurden im Jahr 2020 durchschnittlich jeden Tag vier Wohnungen geräumt, wie die Pressestelle der Berliner Zivilgerichte mitteilt. …

zitiert aus Artikel … Quelle … Neues Deutschland

Genau wie die, die es wütend und traurig macht, dass Menschen ihr Zuhause verlieren, für die Profite Einzelner, haben auch wir bei einer solidarischen Aktion mitgemacht und dabei nur von der Verwaltung erfahren, dass der Räumungstermin am 10.12.2021 feststeht.

Räumungen sind keine Einzelfälle und können auch zum Verlust des Lebens führen, Zwangsumzug ist eben Gewalt, wie schon in unzähligen Fällen dokumentiert wurde.

Diesen Menschen, den Räumen und Nachbarschaften wird gemeinsam am kommenden Sonntag bei einer Trauerdemonstration mit zahlreichen weiteren stadtpolitischen Initiativen erinnert.

Wenn selbst in einer schweren Pandemie weiterhin Zwangsgeräumt werden darf, ist es ein Hohn zu behaupten das bis 2030 Obdachlosigkeit abgeschafft werden soll.

Was hier in Berlin auch gerne vergessen und nicht erwähnt wird ist der Artikel 28 der Berliner Landesverfassung, der jedem Menschen in Berlin das Recht auf angemessenen Wohnraum verspricht sowie die durch das Land geförderte Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen. Dagegen spricht, dass Zwangsräumgen zur Einweisung in Not- und Gemeinschaftsunterkünften (Massenunterkünften) führen, bei der es in keiner Weise um die Zurverfügungstellung von „Ersatzwohnraum“ geht. Es soll nur ein sog. „zivilisatorisches Minimum“ gehen um die aktuelle und zeitlich befristete Notlage beseitigen zu können. (Quelle Berlin.de)

Solange es nicht möglich ist, Menschen innerhalb von maximal 3 Monaten von den Not- und Gemeinschaftsunterkünften in eine menschenwürdiges Zuhause auch aufgrund der Selbstbestimmung zu bringen, dürften generell keine Zwangsräumungen stattfinden.

 

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