Einfach eiskalt abgeräumt – Belege zeigen nun, dass der Eigentümer das plante
Die Evakuierung des Camps an der Rummelsburger Bucht wurde mit Kälteschutz begründet. Papiere belegen nun, dass der Eigentümer die Räumung wollte.
Von dem Camp, das in Medien zeitweise als „größtes Obdachlosencamp Deutschlands“ betitelt wurde, ist nicht mehr viel zu sehen. Das Gelände an der Rummelsburger Bucht im Bezirk Lichtenberg wird von Sicherheitskräften bewacht, ein Großteil der Vegetation wurde beseitigt, von den einst zahlreichen selbst gebauten Hütten ist keine Spur mehr.
Schon während der Räumung des Camps am 5. Februar 2021 hatten Kritiker*innen vermutet, der damals postulierte Kälteschutz für die BewohnerInnen wäre nur ein Vorwand, um zu räumen und den Weg für das umstrittene Aquarium Coral World frei zu machen.
Lange war unklar, welche Rolle die Coral World Berlin GmbH (CWB), die Eigentümerin des Geländes, bei der Räumung gespielt hat. Nun wirft der Schriftverkehr zwischen Coral World und dem zuständigen Bezirksamt Lichtenberg, der der taz exklusiv vorliegt, Licht auf die Ereignisse. Denn darin fordert eine Vertreterin von Coral World in einer Mail vom 15. Januar das Bezirksamt dazu auf, das Camp bis zum 31. Januar räumen zu lassen. Als Grund nennt sie die anstehenden Bauarbeiten.
Gesichert, nicht geräumt
Der Lichtenberger Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Soziales, Kevin Hönicke (SPD), erteilte dieser Forderung zwar eine Absage mit der Begründung, dass er keinen Anlass sehe, die Fläche im Winter und während einer Pandemie räumen zu lassen, insbesondere wenn seitens der Eigentümerin noch gar kein Bauantrag gestellt worden sei.
Doch knapp eine Woche nach der von Coral World Berlin gesetzten Frist erfolgte dann de facto die Räumung. Hönicke bekräftigt allerdings gegenüber der taz, dass der Bezirk nicht an dieser beteiligt war: „Die Eigentümerin wollte uns am Samstagmittag beauftragen, dass wir die Fläche für sie beräumen. Das habe ich klar verneint“, so der Stadtrat. Die Fläche sollte lediglich gesichert, nicht geräumt werden.
Dennoch liegt der Verdacht nahe, dass der Bezirk zumindest einkalkulierte, dass eine Evakuierung des Camps auch eine Räumung zur Folge hätte. So wurden am Tag der Evakuierung sowie am Morgen danach vom Bezirksamt zwei Dokumente vorbereitet, die eine Räumung des Geländes verfügt hätten. Dies bestätigt Hönicke gegenüber der taz. Diese seien aufgrund rechtlicher Bedenken jedoch nie wirksam geworden: „Im Nachgang dazu habe ich mit dem Rechtsamt telefoniert und […] bestätigt, dass es keine Tätigkeiten geben soll, die einer Räumung auch nur gleichzusetzen wären. Daher kamen wir zu der Übereinkunft, keine Verfügung auszufertigen“ erklärt er.
Allerdings schickte er am Morgen nach der Räumung Coral World eine E-Mail, indem er die Eigentümerin dazu aufforderte, nun, da „der Zustand, den Sie haben wollten, hergestellt sei“ und sich keine Menschen mehr auf der Fläche befänden, den Bauantrag zu stellen. Fast schon zwei Jahre ist es her, seitdem die Bezirksverordnetenversammlung Lichtenbergs den umstrittenen Bebauungsplan XVII-4 Ostkreuz unter großen Protesten beschloss. Damit galt auch der Bau der Touristenattraktion Coral World als besiegelt. Doch bis heute hat die Eigentümerin keinen Bauantrag gestellt. Ende Mai läuft die Frist ab, dann könnte der Kaufvertrag vom Senat rückabgewickelt werden.
Ein entsprechender Antragsentwurf wurde bereits am 9. März von der Linksfraktion des Abgeordnetenhauses beschlossen. Statt des Aquariums solle das Land im Falle eines Rückkaufes Platz für Wohnungsbau, Safe Places für Obdachlose und Wagenplätze schaffen, heißt es da. ..