NACHRICHTEN AUS DER SUPPENKÜCHE
oder wie die Kirche, insbesondere die katholische Kirche, ihre historische Chance verspielt mit
Macht anders umzugehen als im Mittelalter.
Heute ist Sonntag der 9. Juni 2020 ein Meilenstein in der Geschichte der Antidiskriminierungsbewegung. Der Berliner Tagesspiegel titelt:‘ als erstes Bundesland führt Berlin ein fast voraussetzungsloses Grundeinkommen für alle ein , Details regelt das neue Landesantidiskriminierungsgesetz.
Alle Menschen, die sich von Behörden diskriminiert fühlen, können ab dieser Woche Schadensersatz verlangen… das neue am Berliner Antidiskriminierungsgesetz ist sein Paragraph 7 . Es lautet unwesentlich gekürzt:“ werden Tatsachen glaubhaft gemacht, die das Vorliegen eines Verstoßes wahrscheinlich machen, obliegt es der öffentlichen Stelle, den Verstoß zu widerlegen.“ ’ Ein Vorwurf muss also nicht mehr bewiesen werden.’
Ich freue mich, schliesslich gibt es heute, an diesem historischen Tag, ein kostenloses Mittagessen,
der Staat hat die Winterhilfe verlängert wegen Corona und ,was alles andere als selbstverständlich
ist, die Kirchen, zumindest einige Kirchen , wie die Christophorusgemeinde in der Nansenstraße
und die Richardgemeinde in der Braunschweiger Strasse schenken zusammen viermal die Woche
Essen aus, und das noch solange der Senat Zuschüsse zahlt. Für die Ärmsten der Armen wie die
Obdachlosen, Wohnungslosen oder ehemals Wohnungslosen, die von der Pandemie am stärksten
gezeichnet sind und keine zusätzliche finanzielle unterstützung bekommen, wenigstens ein Lichtblick. Ich warte schon eine halbe Stunde und kurz bevor ich dran bin kommt der Pater mit einem Lachen im Gesicht auf mich zu. „Ich habe Dich immer als jemand erfahren,der zu allen freundlich
ist , auch gegenüber den Mitarbeutern und der sich für die anderen einsetzt, wenn sie gemobbt
werden. Aber meine Köchin hat behauptet du hättest sie eine Lügnerin genannt. Deshalb wird kurzer Prozess gemacht du musst heute hungern.“ Ich mache einen Ansatz die Situation zu erklären, aber er dreht gleich ab „ich habe jetzt keine Zeit.“ Ich erkläre ihm in ruhigem Ton, dass ich mich
dann an die Beschwerdestelle richten muss . Das Lächeln in seinem Gesicht gefriert, er zeigt mit
dem Finger auf mich und wiederholt zweimal hintereinander: „willst du mir drohen!? ” .”ich möchte
das wir uns mit allen Leuten am runden Tisch versammeln , die an dieser Situation beteiligt waren
”. „Ich habe jetzt keine Zeit“, verweist er mich vom Hof. Aber , „du darfst essen!“ sagt er gönnerhaft
zu Maria, meiner Freundin. „nein danke“ erwidert sie „in einer Gesellschaft, in der die Obrigkeit bestimmrn darf, wer hungern muss und wer essen darf, fühle ich mich unwohl“.
Nach einer kleinen Pause sagt der Pater:“ kommt beide bitte nächsten Mitwoch zur nächsten Ausgabe bis dahin kläre ich das.“ Ich weiss, dass beide Gemeinden von ihm und seiner Lebensgefährtin
kollektiv geführt werden.
Ich bin trotz alledem ganz froh, wenn ich in anderen Jahrhunderten einzelne Personen kritisiert
hätte, hätte sich die Kirche auch angegriffen gefühlt und sie hätten mich nicht nur mit Hunger abgestraft. Manchmal wundert man sich nur … wie wenig sich verändert hat.
Während ich vom Hof schleiche, denke ich noch einmal an den Stein des Anstosses vor zwei Tagen:
neben dem Mittagessen, was nebenbei gemerkt wirklich vorzüglich gekocht wird, gibt es für die
Obdachlosen und Wohnungslosen einen extra Beutel mit Obst. Ein Kollege, der sichtbar verwahrlost aussieht und von dem ich auch weiß, dass er sogar obdachlos ist – im Winter hat er manchmal
für 50 € einen Keller angemietet, indem er übernachtet hat, aber den haben sie jetzt auch gekündigt – wird der Beutel verweigert, weil die Köchin behauptet : der ist nicht wohnungslos. Ich
habe das von weitem gehört, da der Kollege außerdem noch stark sprachbeeinträchtigt ist, bin ich
nach vorne gegangen und habe ganz ruhig erklärt, dass dieser Mann obdachlos ist, das kann ich
eidesstattlich beschwören. Es gibt keine Reaktion. Ich warte 10 Minuten, der Obdachlose bekommt
immer noch keinen Essensbeutel. Also gehe ich wieder nach vorne, ich muss dazu sagen, schon
ohnmächtig wütend, denn dieser Köchin habe ich schon öfters gesagt „dass, was du zu sagen hast,
kannst du doch auch freundlich sagen“.”ich mache das alles ehrenamtlich“, faucht sie mich dann
an. Als eine Mitarbeiterin einer drogenabhängigen Frau, die aber eine Wohnung hat, einen Beutel
gab, kam sie wie eine Furie aus der Küche angestürzt, entriss der Frau den Beutel und beschimpfte sie „sie sind nicht wohnungslos!“ ( grundsätzlich duzt sie alle menschen,die obdachlos sind, die
Menschen, die eine Wohnung haben werden mit ‚Sie‘ angesprochen. Anfangs hat sie mich auch
geduzt, seit dem ersten Disput spricht sie mich mit ‚Sie‘ an, was ich ignoriere, denn ich kann in der
‚Sie’form schlechter schimpfen. Übrgens seit der Zeit, wo ich das erste mal mich für einen Kollegen
eingesetzt habe, bekomme ich keine Tüte mehr. Ich mache mir aber darüber keine Gedanken, ich
empfinde es als meine Aufgabe unter den vom Kapital Ausgesonderten Solidartät herzustellen,
nicht sich noch um das Essen zu schlagen.) Ich beschwere mich also jetzt ein zweites Mal, worauf
mich die gute Köchin anschreit: „ich arbeite hier seit 4 Jahren, ich kann sehen, wer obdachlos ist!“
Immer wenn ich nicht gehört werde, werde ich einen Schritt lauter, damit auch alle uns hören können. Ich frage sie, ob sie weiß, warum Weihnachten abgeschafft werden soll? Und beantworte es
selber: weil alle Minute ein Mensch geboren wird der sich für Gott hält. Sie stutzt ,ich nutze die
Pause um deutlicher zu werden:“ du verhälst dich als wärst du Gott. Du ignorierst mutwillig mein
Wissen über den Kollegen, du bist eine Lügnerin!“ Sie greift zum Handy um die Polizei anzurufen,
besinnt sich dann aber doch und verschwindet nach hinten, während ich noch mit den anderen
Ehrenamtlichen diskutiere, ihr einziges Argument: „wir machen das doch ehrenamtlich“ . Das betone ich gerne immer wieder: diese Ehrenamtlichkeit kann man nicht genug würdigen, es geht um eine Verbesserung am Verhalten.
Vor 4 Tagen habe ich mit anderen Leuten aus unserem Verein der Selbsthilfe wohnungsloser und
ehemals wohnungsloser Menschen ein online Meeting gemacht mit der Uni Osnabrück und dabei
speziell mit den angehenden Sozialarbeitern. Wir haben drei Stunden intensiv diskutiert, vornehmlich über die Aroganz der im sozialen Bereich arbeitenden Menschen. Ich möchte das mal an einem Beispiel demonstrieren: wenn ein völlig besoffener Mann vor dir steht mit einem Messer bewaffnet, dann entwickeln die meisten Menschen das innere Bedürfnis den Polizisten zu spielen und
den Menschen möglichst mit martialischen Handschellen abzuführen. Dabei reicht es aus einen
Schritt zur Seite zu gehen, dann kann der völlig besoffene Mann dich gar nicht treffen. Armut geht
einher mit dem Gefühl keine Teilhabe zu haben am gesellschaftlichen Leben, dessen Folge ist auch
nicht selten ein gestörtes, ein unsolidarisches eben ein traumatisiertes Verhalten.
Aber dieses unSeite 2
nötige Disziplinieren von Menschen führt dazu dass betroffene Menschen aus diesem Kreislauf
nicht mehr herrauskommen. Die meisten Sozialarbeiter, oder genauer, die im sozialen Bereich Arbeitenden, machen, durch ihren angestauten Frust, lieber den Job von besser bezahlten Polizisten,
sie wollen nur die bestehende Ordnung aufrecht erhalten, sie sind weit davon entfernt ein soziales Problem zu lösen, das mag provokant klingen und den Sozialarbeitern gegenüber ungerecht
sein, die zwar zahlenmässig hoffnungslos unterlegen sind, die es aber auch gibt, und die wirklich
wie Mahlsteine zwischen den Fronten zerrieben werden. Aber, das Kapital fordert von uns „immer
wieder besser zu sein, als der Nachbar“, so lassen sich Massen besser ausbeuten. „Nach oben zu
buckeln,um nach unten zu treten“, das hat meine Generation der Generation meiner Eltern immer wieder vorgeworfen, und sie waren noch stolz darauf so präzise zu arbeiten, wie kein anderes
Volk, sie nannten es „deutsche Wertarbeit“, auch, als sie ganz präzise beschrieben haben , wann
sie wieviel Gas sie den Vernichtungsmaschinen zugeführt haben. Diese grunsätzliche Einstellung
hat sich heutte nicht verändert.
Karl Kraus hat schon früher gesagt: die Tinte reicht nicht aus, das Tintenfass muss her.
Zweiter Akt: der Mittwoch, an dem wir uns alle aussprechen und versöhnen wollen.
Der runde Tisch war geplant die beiden hauptamtlich Angestellten schreiten zur Exikution und
zwar für beide Gemeinden.
Der Pater sagt zu Maria, die mal wieder auf trebe ist, aber auf diesem Termin eine Stunde vorher
gewartet hat, und nur humpelnd sich fortbewegen kann:”ich habe heilende Kräfte!“ Und ohne sie
zu fragen stösst er einige Worte aus, die mich stark an Teufelsaustreibungen erinnern. Die Frage
danach: „war es gut?“,sollte wohl präziser heissen :war ich gut!, bringt mir aber eine neue Erfahrung: ich habe Maria in den ganzen 15 Monaten noch nie sprachlos gesehen, jetzt rollt sie nur mit
den Augen.
‚Die Köchin fühlt sich nicht wie Gott,“ beginnt der Pater, ” ich bin hier der liebe Gott“! Seine hauptamtliche Küchenkraft , die auch die ehrenamtliche Kraft betreut-um die es eigentlich geht-schreit
energisch rum:”sie haben mit mir auch diskutiert (es waren exakt 2 Sätze,und es tut mir echt leid,
dass sie so schlechte Argumente hatte und deshalb nichts mehr gesagt hatte! -immerhin hat sie
ein gutes Gedächtnis), aber das wollen wir nicht, deshalb kriegen sie Hausverbot“.”Sie wollen mir
nichts zu essen geben, obwohl Sie vom Senat die Winterhilfe kassieren, nur, weil ich mit ihnen diskutiere?“ . „Sie sind zu allen Menschen freundlich, schreiten sogar ein, wenn sich die obdachlosen
untereinander mobben, aber sie wollen mit uns unsere Endscheidungen diskutieren, wir haben
Wichtigeres zu tuen!”
Maria sagt schüchtern:”darf ich bitte auch noch etwas sagen? …wir haben uns für einen Sprachlosen,weil sprachgestörten Kollegen, eingesetzt, um ein schreiendes Unrecht zu ändern. Ich bin 69
Jahre , mein Partner 67 jahre, wenn das der Preis ist, dass wir hier nicht mehr essen dürfen , dann
zahlen wir diesen Preis gerne. Das müsst ihr mit eurer Kirche ausmachen oder mit dem Senat, denn
ihr bekommt ja Zuschüsse.“ Der Pater unterbricht mit hochrotem Kopf:”Maria, du bekommst jetzt
auch Hausverbot. Wenn du noch weiter redest können wir doch gleich auf den Reuterplatz gehen.
Ich weiss, dass die Köchin eine Kolerikerin ist, aber sie kocht gut .Im übrigen haben wir Wichtigeres
zu tuen. Geht doch bitte hinten hinaus, nicht über den Hof, wo die Anderen sind.”
Aber diesen Triumpf haben wir ihnen natürlich nicht gegönnt. Wir sind schliesslich nicht auf der
Welt um Pater glücklich zu machen.
Die lufthansa bekommt 9 Milliarden Zuschuss wegen Korona. Und was bekommen die Armen?? Sie
bekommen einen Arschtritt und werden vom öffentlichen Essen ausgeschlossen und das lebenslänglich, weil sie das für einen Obdachlosen einfordern, was ihm zusteht.
Ich will nicht nachtreten, aber die katholische kirche behauptet von sich, sie hat seit Jahrzehnten
ein Missbrauchsproblem. „Der Fisch stinkt vom Kopf her“, sagt der Volksmund. Alle Organisationen
haben dann kein Missbrauchsproblem mehr, wenn sie nicht hierachisch sondern gleichberechtigt
arbeiten. Aber das ist den meisten Menschen zu anstrengend.
Übrigens:
Maria und ich sind schwanger
Wir werden gebähren eine Hoffnung:
Wir wollen uns für die Beschwerdestelle bzw.Antidiskriminierungsstelle bewerben, aber nur, wenn
wir sie uns teilen und sie dann gleichberechtigt nebeneinander ausfüllen dürfen!
Wir freuen uns schon drauf. Wir werden dann einmal im Jahr alle Beschwerden in einem lesenswerten Buch zusammenfassen und auf einem rauschenden Fest präsentieren. Ihr seid schon jetzt
alle dazu eingeladen.
DENN ES WIRD UNSER LACHEN SEIN,
WAS DIE KAPITAL INTERESSEN BEGRÄBT!!!
” wir können sie nicht zwingen die Wahrheit zu sagen, wir können sie nur zwingen noch unverschämter zu lügen!”
Ulrike Meinhoff
Ralf-Axel Simon
Zur Person Ralf-Axel Simon