Man kriegt auch Sklaven in die Gänge

Bettina Kenter-Götte arbeitet Jahrzehnte als Schauspielerin. Dann wird sie Hartz-IV-Empfängerin und erkennt: Die “Schreckenskammer der Gesellschaft” ist “absurd, brutal, menschenverachtend”.

Wenn man über Pflichtverletzungen spricht: Die größte Pflichtverletzung liegt auf Seiten des Staates. Die Jobcenter haben über fast 15 Jahre Millionen von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern verfassungswidrig behandelt. Das ist der schlimmste Rechtsbruch. Was sonst im Rechtsstaat undenkbar ist, war bislang in der Martermühle Hartz IV Alltag: Ohne Vorliegen einer Straftat, ohne Gerichtsverhandlung, ohne Urteil verhängt der Fallmanager des Jobcenters – als Ankläger, Richter und Vollstrecker in Personalunion – existenzbedrohende Strafen.
Kann man nicht, zumindest durch leichte Sanktionen, auch in die Gänge kommen, auch einen neuen Arbeitsplatz finden?
Jobcenter haben überhaupt keine guten Arbeitsplätze zu vergeben, das sind Resterampen für Niedriglohnjobs. Und es wird ein wahnsinniger Zwang ausgeübt, die schlimmsten Jobs anzunehmen oder unsinnige Maßnahmen über sich ergehen zu lassen. Zum Beispiel musste ich einen Buchhaltungskurs machen – nach 40 Jahren als Schauspielerin. Und ich musste einen Bewerbungskurs machen – nach 40 Jahren als Schauspielerin -, und noch dazu bei einer Frau, die in einer Mail sieben Fehler gemacht hat. Es war hanebüchen! Aber wenn ich gesagt hätte, das mache ich nicht, das ist Steuergeldverschwendung, dann wäre ich vollsanktioniert worden. Oder zu 60 Prozent. Ja, natürlich, man kriegt auch Sklaven in die Gänge, wenn man auf sie eindrischt, man kriegt auch Kinder in die Gänge, indem man auf sie eindrischt. Lange Zeit dachte man auch, man könne auf Frauen eindreschen, wenn sie nicht gehorsam sind. Diese Rohrstockpädagogik geh ört dem Mittelalter an.

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