Pankower Urteil – Historie des Kampfes gegen Brandbeschleuniger an den Wänden!
Bei Sanierungshäusern der kommunalen GESOBAU AG in Pankow (Altbauten der Jahrhundertwende und der 1930er Jahre) wurden Ende 2012 umfangreiche energetische Modernisierungsmaßnahmen angekündigt (Fassadendämmung, Abriss bestehender Gasetagenheizungen, Abriss von Holzkastenfenstern und Einbau von Isolierglasfenstern und (teilweise) Solarthermieanlagen und Lüftungsanlagen). Es kam zu drastischen Mieterhöhungen – bei äußerst fragwürdigem Nutzen der Maßnahmen, was Proteste der Mieterschaft (Gründung des “Pankower Mieterprotests”, Verhandlungen mit der Bezirks- und Landespolitik und juristische Auseinandersetzungen) zur Folge hatte.
Anfang 2015 sprach eine Amtsrichterin in Deutschland einer Mietpartei erstmals gleiches Recht zu, wie es auch für Hauseigentümer gilt: das Recht auf Wirtschaftlichkeit bei energetischen Modernisierungsmaßnahmen, siehe:
https://pankowermieterprotest.jimdo.com/2015/02/23/urteil-des-amtsgerichts-pankow-wei%C3%9Fensee-fassadend%C3%A4mmung-ist-unwirtschaftlich/
Die Richterin bezog sich auf das Wirtschaftlichkeitsgebot nach §25 der Energieeinsparverordnung (EnEV), nach dem eine Maßnahme als unzumutbar gilt, wenn die durch die Maßnahme erzielten Einsparungen die Kosten der Maßnahme nicht in angemessenem Zeitraum refinanzieren.
Gegen dieses Urteil ging die Eigentümerin (die kommunale GESOBAU AG) in Berufung und es kam im September 2015 zur Berufungsverhandlung, siehe:
https://pankowermieterprotest.jimdo.com/2015/09/24/ergebnis-der-berufungsverhandlung-zum-pankower-urteil/
Mehr als zwei Jahre nach dem für die MieterInnen positiven erstinstanzlichen Richterspruch am Amtsgericht Pankow/Weißensee ging es in der Verhandlung um das “Pankower Urteil” nun am den Freitag, 31.03.2017 im Landgericht Littenstraßein die nächste Runde.
Doch der Kampf ging weiter:
Im Juli 2017 berichtete Anke Hahn beim 4. Mieterforum Pankow über ihren Kampf:
Landgericht Berlin forderte Gutachten zur Fassadendämmung und damit zur Kippung des “Pankower Urteils” an und die betroffene Mieterin Anke Hahn konnte hierzu bis zum 24. Juni 2019 mit Hilfe ihrer Anwälting Carola Handwerg Stellung nehmen.
Nach einer Podiumsdiskussion unter dem Motto: “Steht auf Verdämmte dieser Stadt” schrieb Anke Hahn folgendes:
Es ging in der Diskussion u.a. um die Brennbarkeit von Styroporfassadendämmung. Dieses Thema beschäftigt unter dem Eindruck des Londoner Hochhausbrandes nicht nur Mieter, deren Wohnhäuser mit diesem Material gedämmt sind oder noch gedämmt werden, sondern z.B. u.a. auch die Feuerwehr, Architekten, Ingenieure, Journalisten. Auf diese Stimmen möchte ich Sie – über die Diskussion gestern mit betroffenen Mietern hinaus – aufmerksam machen. In den Anhängen finden Sie Beiträge verschiedenster Stimmen unserer Gesellschaft sowie eine Liste des Deutschen Feuerwehrverbandes e.V. über Brände von Häusern mit Styroporfassadendämmung. Sehr beachtenswert ist auch der Artikel von Niklas Maak (Architekt und Journalist) von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: “Die mordende Stadt – Wenn Architektur zum Verbrechen wird”. Was die verschiedenen Stimmen zum Thema Brennbarkeit von Styroporfassaden zu sagen haben, sollte gehört werden.
Zum Thema reale Verbrauchszahlen nach energetischer Modernisierung möchte ich Sie noch auf folgendes aufmerksam machen (dazu kam gestern auch eine Frage aus dem Publikum):
Bitte beachten Sie auch den Anhang mit der Kleinen Anfrage der Linken an den Deutschen Bundestag (Drucksache 18/6264) besonders Punkt 10, 11 und 12 Seite 4 zu der Frage: Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Gesetzgeber zur Darlegung der Energieeinsparung als ausreichend erachteten Pauschalwerte in der Praxis tatsächlich erreicht ?
Antwort der Bundesregierung: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob die Pauschalwerte in der Paxis tatsächlich erreicht werden.
Auf Frage 11 nach der Überprüfung von Pauschalwerten in der Praxis antwortet die Bundesregierung:
Für die Bundesregierung besteht kein Anlass zur Überprüfung der Praxistauglichkeit der Anwendung von Pauschalwerten für die Bewertung von Energieeinspareffekten aus der energetischen Modernisierung.
Das heißt im Klartext, die Bundesregierung geht davon aus, dass es durch die energetische Modernisierung zu Einspareffekten kommen, kann es aber nicht durch konkrete Zahlen belegen. Wir bewegen uns mithin im Reich des Glaubens. Bei einer CDU geführten Regierung ist das nicht weiter verwunderlich, aber bei den Linken darf man als interessierter Bürger da schon ein paar Fragezeichen bekommen. Das Fazit für mich als betroffene Mieterin ist daraus: Wir wissen nicht was wir tun aber wir machen weiter so. Nun liegen in unserem Fall, wie ich gestern kurz ausführen durfte, die ersten konkreten Energieverbrauchszahlen für den sanierten Hausteil vor, finden jedoch keine weitere nennenswerte Beachtung. Klimaschutz stelle ich mir anders vor.
Lesenswert ist hier der Artikel von Sharareh Fekri (Die kaputte Schallplatte – ist auch witzig geschrieben), die Architektin ist, sich mit der Sanierung von Gebäuden beschäftigt und als Gebäudeenergieberaterin unterwegs ist.Ich bin Mieterin und ich bin auch Wählerin, mein Herz schlägt links und meine Seele ist grün und so habe ich auch immer gewählt. Nun halte ich mich immer noch für einen Menschen mit gesundem Menschenverstand und einiger Intelligenz aber was wichtige Zukunfsthemen betrifft (was hinterlassen wir unseren Kindern und Kindeskindern ?) da habe ich mich in den letzten Jahren weder bei den Linken noch bei den Grünen wiederfinden können. Schade eigentlich, denn ich dachte die Zukunft meiner Kinder kann nur links und grün sein.
Die 5 Mrd. Euro, die die Linken zur Entlastung der Mieter bei energetischen Modernisierungsmaßnahmen einsetzen wollen, würde ich lieber in die Umwandlung der kommunalen Wohnungsunternehmen von Rendite erwirtschaftenden Kapitalgesellschaften in gemeinützige Unternehmen stecken. Die Mieten sollten hier max. 5-6 € warm betragen und für Transferleistungsempfänger max. 4 Euro warm. Das sind dann Wohnungen, die für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Für alle, die sich mehr leisten wollen und können, die können über private Vermieter sowie über Eigentum versorgt werden.
Weiterhin würde ich mit dem Geld ökologisches Bauen fördern, d.h. das Bauen mit natürlichen Materialien Lehm, Holz, Stoh, Hanf usw. Bei kleinen Unternehmen gibt es dazu schon tolle Ideen, die nur leider nicht gefördert werden – hier sollten die staatlichen Fördergelder eher hinfließen, Absatzmärkte aufgebaut werden, die dann die Produkte durch Großproduktion billiger machen. Die Dächer sollten bei Neubauten begrünt werden, um das Klima in den Städten positiv zu beeinflussen. Der Neubau mit Beton ist kritisch zu hinterfragen, da die Herstellung von Beton ebenfalls sehr energieintensiv ist.
Gefördert werden sollte auch der Wohnungstausch, ohne das die Mieter durch neue Mietverträge ständig höhere Mieten zahlen müssen. So würden ältere Mieter eher aus zu großen Wohnungen ausziehen und diese für Familien zur Verfügung stehen. Hier könnte man auch eine Umzugshilfe für ältere Mieter initiieren.
Überlegungen sollte es auch dahin geben, ob wir pro Person immer mehr Wohnraum verbrauchen sollten – mehr Wohnraum bedeutet mehr Energieaufwand, um diesen zu beheizen. Hier würde ich innovative und intelligente Lösungen von Architekten und Ingenieuren fördern.Steuergelder dafür einzusetzen, um gestiegene Mieten durch fragwürdige energetische Modernisierungen zu subventionieren und die Gewinnmaximierung der Wohnungsunternehmen zu unterstützen, halte ich nicht für zielführend. Da würde ich als Steuerzahler mein Geld gern zurückverlangen. Da ich das nicht kann und als Wählerin Abgeordnete dazu legitimieren muss dies für mich zu tun, kann ich aus den dargelegten Gründen weder links noch grün wählen. Ich kann Ihnen nicht mit gutem Gewissen folgen, das wir uns ein Erdölprodukt an unsere Häuserwände kleben müssen, um das Klima zu retten und das von diesem Material bei ordnungsgemäßer Verarbeitung keine Brandgefahr ausgeht (ich möchte hier keinen Versuch in der Realität erleben).
Mit freundlichen Grüßen
Anke Hahn
Berlin-Pankow
Es bleibt also weiter spannend:
Wenn das endgültige Urteil negativ ausfallen sollte und das Pankower Urteil gekippt würde, wäre das der endgültige Freibrief für jeden Eigentümer mit maximal teuren Maßnahmen, maximal hohe Mieten zu erzielen – da wird auch die von der Politik angedachte Deckelung nicht verhindern, dass Mieter weiter aus ihren Wohnungen rausmodernisiert werden. Damit ist die Energetische Modernisierung Spekulationsmaßnahme Nr. 1, denn sie verteuert Bestandswohnraum mit einem Schlag – legal und Gesetzeskonform. Wer die gesteigerte Miete nicht zahlen kann muss ausziehen – oft weit weg, denn durch diese Maßnahmen steigt auch der Mietspiegel im Wohnviertel. Der Nutzen dieser energetischen Maßnahmen hingegen ist oft fragwürdig und nicht durch adäquate Einsparungen belegt.
Hier noch Brandereignissen in Verbindung mit WDVS (Wärmedämmverbundsystem)
Dämm-Brandereignisse von Dt. Feuerwehren (1)