Mietpreis-Explosion und Wohnungsnotstand – Ursachen und Alternativen

 

Appelle an die Sozialpflichtigkeit des Wohnungseigentums sind nutzlos! Privater Wohnungsbau und Wohnungsvermietung verfolgen kein soziales Ziel. Der Zweck von Investitionen in den Wohnungssektor ist die Rendite. Ein anderes Interesse gibt es nicht. Eine soziale Wohnversorgung muss daher immer gegen private Gewinninteressen durchgesetzt werden.

Der kapitalistische Wohnungsmarkt zielt auf die Versorgung einer zahlungskräftigen Nachfrage, nicht derjenigen, die auf preiswerte Wohnungen angewiesen sind. Eine soziale Wohnungsversorgung setzt eine leistbare und bedarfgerechte Wohnungsversorgung voraus. Insbesondere die Haushalte mit geringen Einkommen sollten nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Wohnkosten ausgeben, damit noch was zum Leben übrigbleibt. Bei Einkommen zum Mindestlohn, prekärer Beschäftigung und kleinen Renten sprechen wir von Mietpreisen unter 5 Euro/m2, wenn die Kriterien der Leistbarkeit erfüllt werden sollen. Allein in den Großstädten fehlen schon jetzt etwa 2 Millionen leistbare Wohnungen.1

Solange Wohnungen als Ware gehandelt und zum Zwecke des Profits gebaut werden, wird es solche Wohnungen immer nur dort geben, wo profitträchtigere Verwertungsoptionen ausgeschlossen sind: in Substandardbeständen, in städtischen Ungunstlagen und in schrumpfenden Regionen, in denen es hohe Leerstandszahlen gibt. Da jede ökonomisch rationale Investition im Kapitalismus nach einer mindestens durchschnittlichen Verzinsung des eingesetzten Kapitals strebt, gibt es in der Marktlogik keinen Anreiz für Mieten zu unterdurchschnittlichen Preisen.

Eine soziale Wohnungs- und Mietenpolitik erfordert deshalb drastische Eingriffe in die am Profit orientierte kapitalistische Verwertung des Grund- und Hausbesitzes. Wohnungen sollten als soziale Infrastruktur angesehen werden und müssen jenseits der Profitlogik bereitgestellt, bewirtschaftet und verteilt werden. In der Konsequenz geht die Durchsetzung einer sozialen Wohnungsversorgung mit dem Umbau der Eigentümerstruktur einher und ist mit der Ausweitung eines gemeinwirtschaftlichen und nicht-profitorientierten Wohnungssektors verbunden. Wir sehen drei Elemente einer sozialen Wohnungspolitik:

  1. eine konsequente Mietpreisbegrenzung,
  2. die massive Verstärkung eines aus öffentlichen Mitteln finanzierten Sozialen Wohnungsbaus mit dauerhaften Mietpreis- und Belegungsbindungen,
  3. die Vergesellschaftung von Grund und Boden als Voraussetzung für eine soziale Stadtentwicklung.

Mietstopp und Mietpreisbegrenzung

Wenn hohe und steigende Mieten zum sozialen Versorgungsproblem werden, ist die naheliegende Antwort eine Begrenzung der Miethöhen.

Das von staatlicher Seite und der interessierten Wohnungswirtschaft favorisierte Wohngeld hingegen ist keine Lösung, da es als staatliche Kofinanzierung von Mietsteigerung des Problem verschärft: Je höher der Staat die teuren Mieten subventioniert, umso größer ist der Spielraum für noch höhere Mietforderungen – was wiederum noch höhere Wohngeldzahlungen zur Folge hätte. Eine Spirale ohne Ende! Eine Wohngeldreform, also wirklich angemessene Wohngeldzahlungen, würden bereits heute astronomische Summen verschlingen. Das Problem der teuren Mieten wird dadurch nicht gelöst.

Ohne einen Mietpreisstopp und eine schrittweise Begrenzung der Mietpreise, auf die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten ist das Problem der immer höher steigenden Mieten auf Dauer nicht zu lösen.

  • Ein Mietpreisstopp bedeutet, dass alle Mietpreise auf dem derzeitigen Stand eingefroren werden, so dass keinerlei Mieterhöhungen mehr vorgenommen werden können – weder bei bestehenden Mietverhältnissen, noch bei Neuvermietungen nach einem Mieterwechsel.
  • Ein solcher Mietpreisstopp würde zumindest die aktuellen Mietverhältnisse schützen, eine weitere Verdrängung durch Mietsteigerungen ausschließen und aus der scheinbaren Logik der immer weiter steigenden Mieten aussteigen.
  • Eine Mietpreisbegrenzung muss natürlich auch für die Erstvermietung von Neubauwohnungen gelten, bei denen derzeit die Eigentümer jeden Preis verlangen können, den der Markt gerade hergibt. Diese Erstvermietungsmieten müssten auf das Niveau der ortsüblichen Durchschnittsmiete begrenzt werden.
  • Abgeschafft werden muss auch die Modernisierungsumlage, nach der die Mieter jährlich 8% der Modernisierungskosten bezahlen müssen – und zwar lebenslänglich -, obwohl die entstandenen Kosten bereits nach 12 Jahren zurückbezahlt sind.
  • Die damit verbundenen Investitionen für die Wohnwertverbesserung finanzieren sich über die entsprechende Einstufung bei der ortsüblichen Vergleichsmiete.
    In die Ortsübliche Vergleichsmiete – Mietspiegel – gehen in Zukunft alle Bestandsmieten ein (nicht nur die teuren Neuvermietungsmieten). Der örtliche Miet- spiegel dient als Grundlage sowohl für die Berechnung der Durchschnittsmiete bei Erstvermietungen im Neubau als auch für die Anpassung der Miete nach Modernisierungen an die entsprechende Wohnwertkategorie.
  • Die aus Klimaschutzgründen erforderlichen energetischen Sanierungen müssen mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.
  • In ein Mieterhöhungsverbot müssten ebenso Gewerbe- und Ladenmieten einbezogen werden. Gerade für kleine Ladenbesitzer*innen und Gewerbetreibende führen drastischen Mietsteigerungen und die damit verbundenen Kündigungen oft zur Vernichtung ihrer Existenz.

Ein staatlicher Mietpreisstopp ist nicht nur geboten, sondern auch möglich. Spätestens seit 1919 ist es in Deutschland gängige Praxis, dass der Staat mit mietpreisregulierenden Maßnahmen eingreift. Mit Regelungen der Mietpreisfestsetzung wurde auch in der Vergangenheit auf Wohnungsnotlagen reagiert.2

Aktuelle juristische und politische Diskussionen in Berlin zeigen, dass ein “Mietendeckel” als hoheitliches Mietpreisrecht sogar im Rahmen einer Landesgesetzgebung beschlossen werden kann.3

Dass private Hauseigentümer und Wohnungsunternehmen derartige Eingriffe nicht akzeptieren, ist verständlich, aber kein Gegenargument. Ihr Anspruch auf eine kontinuierlich steigende Rendite muss von den Mieter*innen nicht erfüllt werden. Ein Mietpreis- stopp würde dabei die aktuelle Ertragslage der Vermieter*innen nicht antasten, sondern lediglich eine Ausweitung der leistungslosen Zusatzgewinne einschränken.

Ein Mietstopp ist nicht nur die entscheidende Barriere gegen jede weitere Mietpreisexplosion, er wäre auch eine wirksame Waffe gegen Grundstücks- und Wohnungsspekulation. Wirksamer als jede noch so hohe Bodenwertsteuer. Auch der Umwandlungsspekulation wäre quasi der Boden entzogen; das Verkaufsargument der Immobilienhändler von den zu erwartenden überdurchschnittlichen Mietpreissteigerungen würde sich ins Nichts auflösen. Die Flucht ins Eigentum, um den immer höheren Mietbelastungen zu entkommen, würde gebremst werden. Ohne höhere Mieten keine höheren Wohnungsverkaufspreise, und ohne höhere Renditen bei der Nutzung des Bodens keine höheren Grundstückspreise.

Immobilieninvestoren werden allerdings kaum bereit sein, unter diesen Bedingungen Wohnungen zu bauen. Für die Mehrheit der Wohnungssuchenden ist das kein Schaden, weil sie sich schon heute die auf dem Markt angebotenen hochpreisigen Wohnungen nicht mehr leisten können. Für die Errichtung von Wohnungen zu bezahlbaren Mieten braucht es deshalb ein ambitioniertes Soziales Wohnungsbauprogramm, das aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.

Sozialer Wohnungsbau mit dauerhaft bezahlbaren Mieten

Sozialen Wohnungsbau mit dauerhaft leistbaren Mieten kann es überhaupt nur unter Ausschaltung von Kapital- und Bankprofiten geben. Die Rendite der Banken und Grundstückseigentümer*innen ist der preistreibende Faktor der Wohnkosten – ohne diesen Profitanteil könnten selbst in Neubauten – und ohne eine zusätzliche Förderung – alle Mieten auf unter 6,00 Euro/m2 (nettokalt) bzw. unter 8,00 Euro/m2 (bruttokalt) gesenkt werden.

 

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